{'de': 'Ersatzreligion'}
Bei einigen Menschen nimmt die Auseinandersetzung mit der eigenen Ernährung im Laufe der Zeit einen immer wichtigeren Stellenwert ein. Sie definieren sich über das, was sie zu sich nehmen. Experten meinen, dass solches Verhalten zum einen mit dem Wunsch zusammenhängt, in einer immer komplexer werdenden Welt die Kontrolle zu behalten. Was man über die Nahrung zu sich nimmt, bestimmt man selbst. Zum anderen folgt der Kult um gesunde Ernährung aber auch einer kapitalistischen Logik: Es geht um Leistungssteigerung, um Optimierung. Der eigene Körper wird zum Kapital, in das man investiert. Das Weglassen tatsächlich oder vermeintlich ungesunder Lebensmittel – also eine Form der Entsagung – geschieht nicht mehr aus klassisch religiösen Motiven wie der Aussicht auf ein erfülltes Leben im Jenseits. Es geht darum, das bestmögliche Leben im Hier und Jetzt zu führen. Dass die Menschen versuchen, die eigene Lebensqualität durch ihre Ernährung zu verbessern, ist allerdings nicht neu. Darüber machen sich Philosophen seit Jahrhunderten Gedanken.
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\nEin wesentlicher Unterschied zu Religionen ist jedoch, dass Religion den Menschen als fehlbares Wesen akzeptiert und Auswege anbietet. Dieses “Heilsversprechen” fehlt denjenigen, die Ernährung auf eine quasi religiöse Ebene heben.
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