{'de': 'Klima- und Umweltflucht'}
„Ein Flüchtling ist jemand, der gezwungen war, das Heimatland zu verlassen – wegen Verfolgung, Krieg oder Gewalt. Ein Flüchtling hat eine begründete Angst in seinem Heimatland verfolgt zu werden – aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Meinung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten politischen Gruppe.” So definiert die Flüchtlingsorganisation der Vereinten Nationen (UNHCR) wer als Flüchtling gilt. Dass auch der Klimawandel und seine Folgen eine Fluchtursache sein kann, wird darin mit keinem Wort erwähnt.
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\nDennoch: Mehr Dürren, Überschwemmungen, Hitzewellen und andere Extremwetter-Ereignisse – alles Folgen des Klimawandels – beeinflussen die Migration von Menschen und zwingen sie im Extremfall, ihr Zuhause zu verlassen. Allein im Jahr 2013 haben 22 Millionen Menschen ihr Zuhause durch Naturkatastrophen verloren – doppelt so viele wie noch 1970. Dass es eine Verbindung zwischen Klimawandel und Migration gibt, darüber sind sich Forscher inzwischen einig.
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\nUneinig sind sie sich über das Ausmaß, in dem Menschen durch das Klima und seine Folgen gezwungen werden wegzuziehen. Denn es ist schwierig, genau herauszuarbeiten, welcher der vielen Faktoren, die Migration verursachen, tatsächlich ausschlaggebend ist – ob es einen direkten oder eher indirekten Zusammenhang gibt. Auch der Syrienkrieg hat eine Klimawandel-Komponente: Anhaltende Dürren auf dem Land führten dazu, dass viele in die Stadt zogen und dort nach Arbeit suchten. Das verschärfte dort die Konkurrenz um Ressourcen und machte die Gesellschaft anfälliger für Konflikt und Radikalisierung. Zu sagen, dass der Klimawandel den Syrienkrieg ausgelöst hat, wäre zu weit hergeholt. Aber er ist ein Rädchen in der Verkettung vieler Faktoren, die zum Ausbruch des Krieges führte und die Auswanderung vieler Menschen zur Folge hatte.
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\nEine vom EU Joint Research Center finanzierte Studie ergab, dass die Anzahl der Migranten, die jährlich nach Europa kommen, sich bis 2100 auf knapp eine Million Menschen pro Jahr verdreifachen wird – und das ausschließlich wegen der Klimawandelfolgen. Flüchtlinge, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, kämen noch hinzu.
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\nEine Meta-Studie der Weltbank hingegen beschreibt, dass es nicht zu Massenmigration aufgrund des Klimawandels allein kommen wird. Stattdessen würden Dürren eher zu regionaler Arbeitsmigration innerhalb desselben Landes führen, während akute Umweltkatastrophen meist „nur” lokale Migration aus der Gefahrenzone hinaus zur Folge haben. In der Regel – so würden Fallstudien zeigen – entschließe sich nur ein kleiner Teil dieser Migranten (zwischen null und 30 Prozent) permanent umzuziehen und nicht zurückzukehren.
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\nZurückzukehren, das ist ausgeschlossen für die Bewohner der Malediven und Kiribas. Nicht, weil sie nicht wollen würden, sondern weil ihre Heimat aufgrund des steigenden Meeresspiegels im Ozean versinkt. Die zwei Länder sind die ersten Inselstaaten, die Land woanders kaufen, um ihre Bevölkerung umzusiedeln – sobald die Inseln nicht mehr sicher bewohnbar sind.
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\nWann es soweit sein wird, ist ungewiss. Dass es passieren wird, umso gewisser. Unabhängig vom exakten Zeitpunkt oder dem genauen Ausmaß der Klimawandelflucht appelliert die Internationale Organisation für Migration (IOM), die Umweltzerstörung, die Migration verursacht oder durch sie verursacht wird, zu verhindern, abzuschwächen oder rückgängig zu machen. So soll sichergestellt werden, dass es nicht zu zusätzlichen selbst-verstärkenden Effekten kommt. Gleichzeitig werden Regierungen dazu angehalten, mithilfe des IOM Katastrophenschutz und Krisenreaktion zu verbessern.
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\nInterview mit Olaf Kleist:
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\nGibt es schon die befürchteten Klimaflüchtlinge?
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