{'de': 'Spanische Grippe'}
In den Debatten um das Coronavirus wird häufig auf die spanische Grippe verwiesen. Die spanische Grippe gilt bisher als schlimmste Influenza-Pandemie der Menschheitsgeschichte. Sie traf auf eine Bevölkerung, die vom ersten Weltkrieg gezeichnet und erschöpft war. Zwischen 1918 und 1920 erlagen ihr – je nach Schätzung – 20 bis 100 Millionen Menschen. In vielen Ländern wurden Todesfälle gar nicht dokumentiert, teilweise starben zu viele Menschen gleichzeitig.
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\nTrotz des Namens hat die Grippe ihren Ursprung vermutlich nicht in Spanien – sondern in Kansas, USA, im März 1918. Unter den ersten Infizierten waren Schüler und Soldaten. Aus Spanien kamen im Mai die ersten Nachrichten, dass Menschen massenhaft an einer rätselhaften Krankheit litten. Auch der damalige König war erkrankt. Wenige Wochen später wurden Ausbrüche in China, Australien, Neuseeland und Indien gemeldet. Selbst in Inuitdörfern und auf Samoa infizierten sich Menschen.
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\nDas Virus wurde durch winzige Tröpfchen beim Husten oder Niesen übertragen. Die Erkrankung begann mit Fieber, Husten, Kopf- und Gliederschmerzen, ging dann in eine Lungenentzündung über. Durch die Unterversorgung mit Sauerstoff färbte sich die Haut der Erkrankten dunkelblau bis bräunlich-violett. Viele Menschen dachten damals, die Pest gehe wieder um.\xa0
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\nBetroffen von der spanischen Grippe waren Babys und Kleinkinder unter fünf Jahren, ältere Menschen zwischen 70 und 74 Jahren, sowie viele 20- bis 40-Jährige. Die Sterblichkeitsdiagramme werden deswegen auch als W-förmig beschrieben.
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\nMediziner waren ratlos. Manche hielten ein “Grippe-Bakterium” für den Auslöser. Andere vermuteten etwas noch Kleineres als ein Bakterium. Der wahre Auslöser, das Influenza-Virus, wurde erst 1933 entdeckt. Es vergingen noch weitere 60 Jahre bis Forscher sich auf die Suche nach dem Erreger machten und das Virus H1N1 identifizierten. Es ist das erste Virus, das richtig erforscht wurde.
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\nHeute wissen die Forscher, dass die Grippe als gewöhnliche Influenza begann, sich dann aber veränderte. Nach der ersten, harmlosen Welle im Frühling kam im Herbst die zweite, tödliche Welle. In Rekruten- und Kriegsgefangenenlagern des ersten Weltkriegs steckten sich auf einen Schlag viele Menschen an. Vermutlich entwickelte das Virus sich durch die Kreuzung eines Vogelgrippevirus mit einem menschlichen Virus.\xa0
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\nDurch Mutationen wurde es noch gefährlicher. Das Immunsystem der Menschen war nicht auf das Virus vorbereitet. Besonders die Altersgruppe zwischen 20 und 40 kam noch nicht mit diesem Typ H1N1 in Berührung. Forscher vermuten außerdem, dass das Immunsystem überreagierte und sich gegen den eigenen Körper wendete. Außerdem gab es keine Therapien, wie invasive Beatmung, mit dem die spanische Grippe hätte behandelt werden können.
'}Wilfried Witte, Berliner Historiker und Oberarzt der Charité, hat über die Pandemie geforscht. und ein Buch dazu veröffentlicht: “Tollkirschen und Quarantäne” beschreibt wie Medizin und Politik völlig überfordert waren und die Grippe zunächst ignorierten.\xa0
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\nDie amerikanische Wissenschaftsjournalistin Gina Kolata beschreibt in ihrem Buch “Die Jagd nach dem Virus” wie Forscher sich auf die Suche nach den Ursachen für die spanische Grippe begeben.
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