Verschwörungsideologien
& Desinformation
Rauchen, Koksen, Vitamine, all das soll gegen Corona helfen – zumindest wenn man manchen Desinformationen auf Social Media glaubt. Kettennachrichten warnen vor erfundenen neuen Epizentren, und bis Mitte März konnten User auf Snapchat und Instagram Filter nutzen, die anhand eines Face-Scans ermitteln wollten, ob man infiziert ist. Erst nach einiger Zeit gehen die Plattformen gegen diese Lügen vor. Facebook etwa löscht Desinformationen und Verschwörungsideologien über Corona, wenn sie von Experten als falsch eingestuft wurden. Auch andere Netzwerke wie TikTok oder Instagram arbeiten gegen Falschnachrichten und spülen den Userinnen per Algorithmus Informationen in ihre Feeds, die die jeweilige Plattform als gesichert betrachtet. Laut dem Bayerischen Rundfunk können Gesundheitsorganisationen bei Facebook und Twitter sogar billiger Werbung schalten.
Denn Desinformation kann für manche Menschen sehr gefährlich werden. So kursiert etwa eine Nachricht, dass man das Virus bekämpfen könnte, indem man alle 15 Minuten Wasser trinkt – eine gefährliche, falsche Information für alle, die sich auf sie verlassen, und all jene, mit denen sie direkten Kontakt haben.
Mit falschen Ratschlägen und vermeintlichen Informationen darüber, dass Regierungen Unwahrheiten verbreiten würden, neuen, frei erfundenen Zahlen zu Ansteckungsraten und Karenzzeiten, wird Unsicherheit verbreitet und somit auch Angst. Profiteure dieser Gefühle sind Populisten ebenso wie die Betreiber von Fake Shops, vor denen unter anderem das Landeskriminalamt Niedersachsen bereits seit Ende Februar 2020 warnt. Die vermeintlichen Anbieter von Masken und Desinfektionsmitteln zocken ihre Kunden ab, liefern die Ware jedoch nicht.
Besonders ein Aspekt von Covid-19 wird für Desinformation und Verschwörungsideologien genutzt: sein Name. Denn das Wort „Coronavirus“ taucht schon seit den 1960er Jahren immer wieder auf, weil auch die Krankheiten SARS und MERS darunter fallen. Das führt unter anderem dazu, dass auf Desinfektionsmittel, die schon einige Jahre alt sind, gegen „Coronaviren“ helfen und im Internet Formeln zu finden sind, die bereits 2015 patentiert wurden – mögliche Impfstoffe gegen SARS oder MERS. Den Verschwörungsideologien einiger Populisten nutzt das sehr. Dass die Macher der Simpsons hinter Corona stecken, ist dabei noch eine harmlose Variante. So verbreiteten unter anderem einzelne islamische Geistliche, dass das Virus im Auftrag Allahs China für seinen Umgang mit den Uiguren bestrafen würde. Im Irak verbreitet sich die Verschwörungsideologie eines amerikanisch-jüdischen Weltkomplotts, geleitet von der Familie Rothschild. Eine typische antisemitische Verschwörungsideologie, die starke Ähnlichkeit mit den Ideologien über das Weltjudentum und jenen über die Brunnenvergiftungen aufweist, die aus Zeiten der Pest stammen. In den USA wird die Verschwörungsideologie immer bekannter, dass Bill Gates mit dem Virus zu tun hätte. In Russland sprechen manche Menschen von einer US-amerikanischen Verschwörung. In Brasilien bezeichnete Präsident Jair Bolsonaro bis kurz vor seinem eigenen Corona-Test „vieles, was die Medien über das Virus berichten,“ als „Fantasie“.
Die Faktenchecker von Correctiv prüfen Aussagen in Videos, WhatsApp-Kettenbriefen und traditionellen Medien auf ihre Richtigkeit. Dabei decken sie auch Falschinformationen von Medizinern auf. Correctiv hat ein Info-PDF für interessierte Menschen veröffentlicht.
Der österreichische FakeNews-Enttarnungs-Verein Mimikama sammelt hier alle aufgedeckten Falschinformationen.
Auch Vox.com räumt mit Verschwörungsideologien auf.
Die Belltower News geht einigen rechten Verschwörungsideologien und „Utopien“ auf den Grund.
Der Theologe, Sektenexperte und Publizist Matthias Pöhlmann schreibt in einem Gastbeitrag im Sonntagsblatt, wie Corona und Verschwörungsideologien dazu Sekten und Esoterikern nützen.
Für Rechtsextreme und Verschwöhrungstheoretiker ist die aktuelle Lage ein gefundenes Fressen.