Das wichtigste Merkmal von Populismus ist die Vorstellung von einem Volk, welches das Sagen hat. Rechtlich gehören eigentlich alle Staatsbürger eines Staates zum Volk. Populisten sehen das anders. Sie haben das Gefühl, dass andere über sie bestimmen: Politiker, Medien, Akademiker, Einwanderer. Aus Protest betonen sie deswegen: „Wir sind das Volk!“ Die Zugehörigkeit begründen sie historisch, religiös oder ethnisch. Für den Politikwissenschaftler Jan-Werner Müller macht jedoch etwas ganz anderes Populismus aus. Er schreibt: „Populismus ist eine spezifische, der modernen repräsentativen Demokratie inhärente Gefahr.“ Für Populismus braucht es also eine Demokratie - genauer gesagt: das Versprechen, dass das Volk regiert. In der Realität kann dieses Versprechen aber nicht eingelöst werden. Es gibt immer nur Kompromisse, weil ein Volk aus unterschiedlichen Menschen mit unterschiedliche Interessen besteht. In den Worten des Philosophen Jürgen Habermas: Das Volk „tritt immer im Plural auf.“ Wer den Plural nicht erträgt, zum Beispiel weil er sich vernachlässigt fühlt, sucht sich ein Ventil. Ohne ein Grundverständnis von Demokratie gäbe es diesen Geltungsdrang nicht. Doch nicht jede Demokratie kämpft zu jeder Zeit mit starkem Populismus. Auffällig ist, dass Populismus vor allem dann erstarkt, wenn der Arbeitsmarkt instabil ist oder wenn es verstärkt Einwanderung gibt. Manche vermuten dahinter Abstiegsängste. Die Sozialwissenschaftlerin Karin Priester hat jedoch herausgefunden, dass die Wähler von populistischen Parteien oft gar keine Abstiegsbedrohten sind. Sie sind oft gut situierte Bürger. Diese haben laut Priester wenig Verständnis für die Situation von Armen und Einwanderern. Stattdessen halten sie sie für faul (Sozialdarwinismus) und wollen ihr Vermögen nicht teilen (Missgunst). Die amerikanische Tea-Party-Bewegung zeigte sich zum Beispiel gern mit dem Spruch: „Redistribute my work ethic“! - „Arbeitsethos umverteilen!“
Faktoren
Im Tagesspiegel über Populismus als Teil der Demokratie. Sciencedirect geht auf den Arbeitsmarkt ein. Economic Policy über Einwanderer.