Harald Andruleit von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) beschäftigt sich insbesondere mit Energierohstoffen. Im Interview schildert er die Entwicklungen der fossilen Rohstoffe und meint, dass ihre Zeit noch lange nicht abgelaufen ist.

Harald Andruleit

  • Wie lange wird der Übergang aus Sicht der Erzeuger von Energie aus fossilen Energieträgern dauern?

  • Eine grundsätzliche Trendwende in der Verwendung fossiler Energieträger ist auf globaler Sicht bislang nicht zu erkennen. Die über etliche Jahrzehnte gewachsene Abhängigkeit von den fossilen Energieträgern ist zu groß, als dass diese innerhalb weniger Jahre überwunden werden könnte.

  • Wie ist die Branche auf den Umbruch vorbereitet?

  • Erdöl ist das wichtigste globale Handelsgut und Grundlage unserer modernen Wirtschaftssysteme. Eine Abkehr vom Erdöl betrifft daher nicht nur einzelne Branchen, sondern hat Auswirkungen bis in alle Bereiche unseres täglichen Lebens.

  • Die Grundlastkraftwerke arbeiten verlässlich mit fossilen Brennstoffen. Wie lange wird dies der Fall sein?

  • Aus geologischer Sicht können die bekannten Energierohstoffvorräte auch langfristig einen steigenden Bedarf bei Erdgas, Kohle und Kernbrennstoffen und eingeschränkt auch bei Erdöl decken. Wie diese Rohstoffe verwendet werden, ist von vielen technisch-wirtschaftlichen Faktoren und insbesondere von den politischen Rahmenbedingungen abhängig.

  • Der Import von Rohstoffen soll durch die Energiewende verringert werden. Wie lange wird es noch notwendig sein Kohle, Gas und Öl zu importieren?

  • Absolut betrachtet verringerten sich die Anteile fossiler Energieträger am deutschen Primärenergieverbrauch seit ihrem Maximum zum Ausgang der 1970er Jahre bis in die 2000er Jahre und verblieben seitdem auf einem vergleichsweise hohen Niveau. Angesichts des Förderabfalls bei der Produktion aus heimischen konventionellen Erdöl- und Erdgasvorkommen und des Auslaufens der subventionierten Steinkohlenförderung sinkt aber der Selbstversorgungsbeitrag weiter ab. Vor diesem Hintergrund ist derzeit eine Minderung der hohen Importabhängigkeit Deutschlands bei den fossilen Energierohstoffen nicht absehbar.

  • Ist absehbar wie sich die Preise für Rohstoffe zur Energiegewinnung entwickeln werden?

  • Rohstoffpreise sind variabel und entwickeln sich in Abhängigkeit von Angebot und Nachfrage. Die Entwicklung der Rohstoffpreise ist nicht vorhersagbar.

  • Erdöl spielt eine wichtige Rolle bei der Energieerzeugung. Welche Aspekte kennzeichnen diesen Energieträger?

  • Erdöl ist der einzige nicht-erneuerbare Energierohstoff, bei dem in den kommenden Jahrzehnten eine steigende globale Nachfrage wahrscheinlich nicht mehr gedeckt werden kann. Aus geologischer Sicht kann aber bei einem moderaten Anstieg des Erdölverbrauchs die weltweite Versorgung mit Erdöl gewährleistet werden. Der Anteil von Erdöl an der globalen Stromerzeugung wurde im Nachgang der Ölkrisen der 1970er Jahre durch den Einsatz anderer Energieträger erheblich reduziert. Aufgrund der flexiblen Einsatzmöglichkeiten und der hohen Energiedichte wird Erdöl aber bis heute in der Stromerzeugung eingesetzt.

  • Könnte Fracking in Europa ein zukunftsfähiges Modell sein?

  • Die Fracking-Technologie ist ein Standardverfahren der internationalen Industrie und wird weltweit eingesetzt. Bis zum Jahr 2010 wurden geschätzt etwa 2,5 Millionen Fracking-Maßnahmen durchgeführt. Große Mengen an Erdöl und Erdgas sind heute nur durch Fracking gewinnbar. Eine Deckung des Weltbedarfs mit Kohlenwasserstoffen wäre heute ohne Fracking nicht mehr möglich. In Deutschland wurde die Fracking-Technologie in den vergangenen Jahrzehnten über 300-mal erfolgreich und ohne bekannte Umweltauswirkungen eingesetzt. Fracking ist keine "Hoch-Risiko-Technologie" und der Einsatz aus geowissenschaftlicher Sicht kontrolliert und umweltverträglich möglich. Die Gewinnung von Schiefergas in Deutschland und Europa, die ohne Fracking nicht möglich wäre, könnte die hier rückläufige Erdgasförderung kompensieren helfen und einen wichtigen Beitrag zur Energieversorgungssicherheit leisten.

  • Kann man den fossilen Energieträger in ihrer Wichtigkeit eine Rangfolge geben?

  • Erdöl ist der weltweit wichtigste Energierohstoff und wird das auch auf absehbare Zeit bleiben. Der Anteil an Erdöl sowohl an der Weltförderung als auch am Primärenergieverbrauch liegt weiterhin bei etwa einem Drittel. Unter den fossilen Energierohstoffen ist Kohle der Energierohstoff mit den bei weitem größten globalen Reserven und Ressourcen. Mit einem Anteil von 30 % (Hartkohle 28,4 %, Weichbraunkohle 1,6 %) am globalen Primärenergieverbrauch war Kohle im Jahr 2014 hinter Erdöl der zweitwichtigste Energieträger. Zu der weltweiten Stromerzeugung trug Kohle in 2013 mit einem Anteil von 40,4 % bei und damit mehr als jeder andere Energieträger. Erdgas ist mit einem Anteil von 23,7 % am globalen Primärenergieverbrauch hinter Erdöl und Hartkohle drittwichtigster Energieträger. Die seit einigen Jahren in das Erdgas gesteckten hohen Wachstumserwartungen (bezogen auf den Verbrauch) haben sich bisher nicht erfüllt.